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Datieren: Winckelmanns Stilepochen

Winckelmanns Hauptwerk, die Geschichte der Kunst des Altertums (1764), bietet erstmals eine nach Epochen gegliederte Einordnung antiker Kunstwerke und ihrer Künstler. Die Grundlage dafür bilden Informationen aus griechischen und römischen Schriftquellen.

Im Mittelpunkt von Winckelmanns „Lehrgebäude“ steht die Entwicklungsgeschichte der griechischen Skulptur, die er folgendermaßen beschreibt: „So wird man in der Kunst der Griechen, sonderlich in der Bildhauerei, vier Stufen des Stils setzen, nämlich den geraden und harten, den großen und eckigen, den schönen und fließenden, und den Stil der Nachahmer.“
An anderen Stellen nennt er die ersten drei Stufen den „Älteren Stil“, den „Hohen Stil“ und den „Schönen Stil“.

Winckelmann fiel es noch schwer, konkrete Beispiele für die einzelnen Stilphasen zu benennen. In der nachfolgenden Zeit jedoch wurde sein Epochenmodell durch Neufunde mehr und mehr mit Inhalt gefüllt. Noch heute bildet es die Grundlage für die Chronologie in der Klassischen Archäologie.

Winckelmanns Stile Heutige Bezeichnungen Datierung
Älterer Stil Archaik 7. / 6. Jahrhundert
Hoher Stil Früh- und Hochklassik 5. Jahrhundert
Schöner Stil Spätklassik 4. Jahrhundert 
Stil der Nachahmer Hellenismus 3. – 1. Jahrhundert 

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Älterer Stil – Schreitende Artemis

Älterer Stil – Schreitende Artemis

Original aus Marmor; Neapel, Nationalmuseum
1760 in Pompeji gefunden
Abguss aus dem Nachlass von Wilhelm Zahn (1800 – 1871)

Winckelmann wies die Statue dem Älteren Stil zu. Seine Kriterien waren eckige Umrisse, steife Bewegungen und viel Ausdruck. Ein Kennzeichen ist auch der Faltenwurf: „Das Hemde, oder das Unterkleid, hat weite Ärmel, welche in gekreppte oder gekniffene Falten geleget sind, und die Weste, oder der kurze Mantel, in geplattete parallele Falten, so wie der Rock.“ Der schmuckvolle Gewandstil mit seinen charakteristischen Zickzackfalten wird noch heute als ein Merkmal der archaischen Kunst angesehen. Winckelmann schwankte, ob er die Statue als griechische oder etruskische Arbeit betrachten sollte. Erst später wurde klar, dass es sich nicht um ein archaisches, sondern um ein archaistisches Werk, um eine altertümelnde Darstellung aus römischer Zeit handelt.

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Hoher Stil – Diadumenos

Hoher Stil – Diadumenos

Original aus Marmor; London, Britisches Museum
Römische Umbildung einer Bronzestatue des Polyklet um 430 v. Chr.
Ursprünglich in der Sammlung Farnese in Rom; seit 1864 in London
Abguss 1875 erworben

Aus dem Motiv des Jünglings, der sich eine Siegerbinde um den Kopf legt, schloss Winckelmann, es könnte sich um eine Kopie des „Diadumenos“, einer in der antiken Literatur beschriebenen Bronzeskulptur des hochklassischen Bildhauers Polyklet, handeln. Zwar wurden später maßgenauere und weniger vereinfachte Kopien dieses berühmten Werks gefunden, aber grundsätzlich erwies sich Winckelmanns Vermutung als richtig. Polyklet war für Winckelmann ein Hauptvertreter des Hohen Stils. Aus Äußerungen antiker Autoren schloss er, Polyklets Werken sei noch eine „gewisse Härte“ eigen gewesen, ablesbar an „eckigten“ und noch nicht „wellenförmigen“ Umrissen. Einer „großen Richtigkeit“ in der Proportionierung der einzelnen Körperteile sei „ein gewisser Grad schöner Form aufgeopfert worden“.

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Schöner Stil – Apollon Sauroktonos

Schöner Stil – Apollon Sauroktonos

Original aus Marmor; Rom, Vatikanische Museen
Römische Kopie einer Bronzestatue des Praxiteles um 350 v. Chr.
1777 auf dem Palatin in Rom entdeckt
Abguss 1898 erworben

Zu den literarisch überlieferten Meisterwerken, die Winckelmann mit erhaltenen Monumenten verknüpfen konnte, zählt auch der berühmte Eidechsentöter des athenischen Bildhauers Praxiteles. Es gelang ihm, drei römische Kopien der Statue ausfindig zu machen. Dieses Exemplar wurde erst nach seinem Tod entdeckt. Die Statue ist ein Musterbeispiel des Schönen Stils, gekennzeichnet druch „das Zärtliche und das Reizende“ der jugendlichen Formen, „das Wellenförmige“ des Umrisses und die fließenden Übergänge zwischen den
einzelnen Körperpartien, kurzum: durch ihre „gefällige Grazie“. „Die Seele äußerte sich nur wie unter einer stillen Fläche des Wassers, und trat niemals mit Ungestüm hervor.“

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Stil der Nachahmer – Leto, Artemis, Apollon, Nike

Stil der Nachahmer – Leto, Artemis, Apollon, Nike

Original aus Marmor; Berlin, Antikensammlung
Augusteisch (31 v. Chr. – 14 n. Chr.)
Fundort unbekannt; aus der Sammlung Albani
Abguss 1906 erworben

Nachdem die griechischen Künstler nach Winckelmanns Modell im Schönen Stil das Ideal erreicht hatten, konnten sie nicht mehr höher steigen, sondern nur noch Bewährtes nachahmen. So fehlte es den Werken
nicht an Schönheit, aber an der neuen Idee hinter der gekonnten Ausführung. Bei diesem Relief erkannte Winckelmann den Widerspruch zwischen dem altertümlichen Stil der Figuren und dem ‚modernen’ Tempel im Hintergrund. „Es scheinet also, dass dieses Werk eine Arbeit sei, in welcher ein griechischer Meister, nicht aus der älteren Zeit, den Stil derselben nachahmen wollen.“ Zweck der Nachahmung sei bei Götterdarstellungen wie diesen die „Erweckung größerer Ehrfurcht“ gewesen.

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