#Bilder deuten: Winckelmanns Hermeneutik

Sterbender Gallier

Sterbender Gallier

Original aus Marmor; Rom, Kapitolinische Museen
Römische Kopie nach hellenistischem Vorbild um 220 v. Chr.
Entdeckt in den Gärten der Villa Ludovisi in Rom, erste Erwähnung 1623
Abguss 1898 erworben

Die Statue wurde traditionell als Sterbender Gladiator bzw. Fechter bezeichnet. Winckelmann lehnte dies ab, weil es bei den Griechen „in den blühenden Zeiten der Kunst“, in die er die Statue datierte, keine Gladiatoren gegeben habe. Das am Boden liegende Krummhorn und den Strick um den Hals – in Wahrheit ein keltischer Goldreif (Torques) – deutete er als Attribute eines griechischen Herolds.
Heyne näherte sich erstmal der heute etablierten Benennung der Figur als Gallier an. Wegen des Schnurrbarts hielt er den Kopf zunächst für modern ergänzt, erkannte dann aber darin das Zeichen für einen Barbaren. Er vermutete in der Figur einen besiegten Germanen

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Galliergruppe Ludovisi

Galliergruppe Ludovisi

Original aus Marmor; Rom, Nationalmuseum, Palazzo Altemps Römische Kopie nach hellenistischem Vorbild um 220. v. Chr. Entdeckt in den Gärten der Villa Ludovisi in Rom, erste Erwähnung 1623 Abguss 2002 erworben
Traditionell wurde die Gruppe römisch interpretiert: als Selbstmord des Senators Paetus und seiner Frau Arria, die an einer missglückten Verschwörung gegen Kaiser Claudius beteiligt waren. Für Winckelmann hingegen handelte es sich wegen der heroischen Nacktheit des Mannes um ein griechisches Werk. Dargestellt sei der Freitod des mythischen Geschwisterpaars Makareus und Kanake. Erst Heyne erkannte in den Statuen Barbaren, die zu einem Siegesdenkmal gehörten. Damit bereitete er der heute gültigen Deutung der Gruppe als Kopie eines Weihgeschenks für die Siege der Könige von Pergamon über die Gallier den Weg.

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Reiterrelief Albani

Reiterrelief Albani

Original aus Marmor; Rom Villa Albani
Griechisches Grabrelief, um 430 v. Chr.
1764 auf dem Esquilin in Rom entdeckt
Abguss 2018 erworben

 

Winckelmann sah in der Kampfszene den Dioskuren Polydeukes/Pollux, der den Tod seines Bruders Kastor an Lynkeus rächt. Dies machte er an den ‚Boxerohren’ des Reiters fest, denn Polydeukes war als Faustkämpfer berühmt. In Wirklichkeit sind jedoch wohl zwei nicht-mythologische Kämpfer dargestellt. Möglicherweise schmückte das ungewöhnlich große Grabrelief ursprünglich das Staatsdenkmal für die am Beginn des Peloponnesischen Krieges 431 v. Chr. gefallenen Athener.
Das Beispiel zeigt, dass Winckelmanns Grundregel, alle Darstellungen aus dem griechischen Mythos zu erklären, zwar oft das Richtige traf, bei manchen Gattungen wie den klassischen Grabreliefs aber in die Irre führte.

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Bilder deuten: Winckelmanns Hermeneutik

Nicht nur Winckelmanns innovative Art der Kunstbeschreibung revolutionierte das Studium der antiken Denkmäler. Auch seine Hermeneutik, die inhaltliche Ausdeutung der Kunstwerke, setzte sich vom Herkömmlichen betont ab: Die meisten Darstellungen interpretierte er als Szenen aus der griechischen Mythologie – statt, wie bisher üblich, als Begebenheiten aus der römischen Geschichte oder als Illustrationen antiker Sitten und Gebräuche. Viele seiner Deutungen gelten noch heute als zutreffend.

Allerdings schoss Winckelmann mitunter auch über das Ziel hinaus, indem er manche Bilder überinterpretierte. Gleichwohl hat sein methodischer Ansatz, der die Bilder eng mit der antiken Dichtkunst verknüpfte, die nachfolgende archäologische Forschung stark beeinflusst.

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Johann Joachim Winckelmann – Monumenti antichi inediti

Johann Joachim Winckelmann – Monumenti antichi inediti

Rom 1767
Leihgabe SUB Göttingen, Signatur 2 ARCH III, 237:1-2

 

Die Unveröffentlichten antiken Denkmäler sind Winckelmanns zweites Hauptwerk neben der Geschichte der Kunst des Altertums. Der Autor zieht darin alle Register seiner Interpretationskunst. Viele seiner Deutungen haben sich dauerhaft als richtig erwiesen. Manches wirkt aber auch sehr gesucht und konstruiert. Winckelmann veröffentlichte das kostspielige Werk im Selbstverlag auf Italienisch. Damit wollte er vor allem seine Konkurrenten, die italienischen Antiquare, ansprechen und ihnen seine überlegene philologische Gelehrsamkeit demonstrieren. Winckelmanns große Neuerung, die Stilanalyse, kommt in diesem Werk kaum zur Anwendung. Die aufgeschlagene Tafel zeigt das Reiterrelief Albani und zum Vergleich das ‚Boxerohr‘ eines anderen Athletenkopfes.

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