#Studenten unterrichten: Heynes Vorlesung über die Archäologie
Bestätigung der Wahl von Johann Joachim Winckelmann und anderer Persönlichkeiten zu Mitgliedern der Societät der Wissenschaften
Hannover, 1.11.1764
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen: Pers. 12, Nr. 5
Heynes Unterstützung verhalf Winckelmann 1765 zur Aufnahme in die Göttinger Societät (die heutige Akademie) der Wissenschaften. Bereits zwei Jahre zuvor schrieb er ihm: „Sehen Sie die hiesige Academie und die Kön. Societät als einen Canal an, durch den Ihre Entdeckungen und Ideen ungemein verbreitet werden können.“ Das von Gerlach Adolph von Münchhausen, dem Hannoverschen Minister und Kurator der Universität, unterzeichnete Schreiben bestätigt die von der Göttinger Societät vorgeschlagene Wahl neuer Mitglieder.
Briefwechsel Heyne / Winckelmann
(Reproduktion aus Heynes Edition: Winckelmann an Heyne 05.12.1765)
Ihre Bekanntschaft verschaffte beiden Gelehrten Vorteile. Winckelmann versorgte Heyne mit Informationen über die jüngsten Statuenfunde in Rom. So schreibt er ihm im Dezember 1765 vom Fund der sog. ‚Knöchelspielerin‘, heute in der Sammlung Wallmoden – „eine Entdeckung, welche noch itzo geheim gehalten wird“. Im Gegenzug sorgte Heyne dafür, dass Winckelmann in die Göttinger Societät der Wissenschaften aufgenommen wurde.
Studenten unterrichten: Heynes Vorlesung über die Archäologie
Die Schriften Winckelmanns lösten in ganz Europa eine Welle ungeheurer Begeisterung für die Antike und besonders für die griechische Kunst aus. Etwa zeitgleich wurden in Göttingen wichtige Voraussetzungen für die Etablierung der Archäologie als Universitätsdisziplin geschaffen.
Der Göttinger Professor für Poesie und Beredsamkeit, Christian Gottlob Heyne (1729 – 1812), der zu den wichtigsten Briefpartnern Winckelmanns zählte, machte dessen Gedanken zur antiken Kunst erstmals zur Grundlage eines akademischen Lehrfaches – allerdings gehörte Heyne gleichzeitig auch zu Winckelmanns kritischsten Rezensenten. Bis ins hohe Alter hielt er in Göttingen regelmäßig eine Vorlesung über die Archäologie der Kunst des Altertums, die von Studenten aus ganz Europa besucht wurde, darunter viele spätere Berühmtheiten wie August Wilhelm Schlegel und Wilhelm von Humboldt.
Einleitung ins Studium der Antike, vorgetragen von Christian Gottlob Heyne, Göttingen im Sommer 1803
Mitschrift von Heynes Vorlesung über die Archäologie
von Christian August Hoffmann (1783–1855),
Student der Theologie aus Darmstadt
Leihgabe aus Privatbesitz
Die Mitschriften seiner Studenten sind heute die wichtigste Quelle zu Heynes Vorlesung. Sie geben Aufschluss darüber, dass Heyne – ganz im Sinne Winckelmanns – den Fokus auf noch vorhandene antike Kunstwerke und eine allgemeine ästhetische Ausbildung legte. Obwohl er Winckelmanns Epochenmodell für seine Vorlesung übernahm, lässt Heyne die bei Winckelmann so entscheidenden Ausführungen über die Kunstentwicklung weitgehend außen vor. Die Mitschriften der Heyne-Vorlesung waren zu ihrer Zeit so populär, dass wiederum Abschriften angefertigt wurden. Auch Goethe besaß ein solches Exemplar und ließ sogar seinen Werther davon reden.